Herbert von Karajan                                 Karajan in Aktion            im Interview

 

...Schon der Name „Karajan“ übte auf das Publikum magische Kraft aus. Karajan war eine echte Führungspersönlichkeit und es war ihm von Natur aus gegeben, überall den Ton anzugeben. Dies zeichnete Karajan schon in seiner frühesten Jugend aus, da er immer genau wusste, was er wollte und das ist die beste Voraussetzung, die eine Führungspersönlichkeit haben muss. Seine Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit war fast immer genau kalkuliert. Er war immer hart zu sich selbst, denn er weigerte sich auch bei banalen Dingen, Hilfe anzunehmen. Seine Selbstgenügsamkeit gab ihm Unabhängigkeit, was wiederum ein Zeichen von Stärke und Autorität war. Herbert von Karajan wollte immer Herr der Situation sein...

Andererseits:

Alle Menschen, die Hoch- und Höchstleistungen erbringen, gleichgültig auf welchem Gebiet – in diesem Sinne also Grenzgänger, wissen, dass die Grenzen jedesMenschen zuerst und vor allem im Kopf bestehen und dass sich diese Grenzen verschieben lassen. Doch warum schaffen oft nur wenige wirkliche absolute Spitzenleistungen? Weil mentale Trainingsleistungen als Prozess zu begreifen sind, die hervorragende Disziplin und Durchhaltevermögen verlangen. Niemand wird als wirklicher Spitzenleister – egal welcher Branche – geboren.Wenn man dieBiografien herausragender Persönlichkeiten studiert, so stellt man immer wieder starke Gemeinsamkeiten fest. Nicht, wer diese Leute waren, war entscheidend, sondern wie sie handelten. So war etwa die Begabung von Herbert Karajan keineswegs unumstritten – nicht nur Neider bezeichneten sein musikalisches Talent als eher begrenzt. Seine Erfolge führte man auf  systematisch konzentriertes Arbeiten zurück. Er hat alles auf ein jeweiliges Ziel hin fokussiert. Er wurde später auch einmal in diesem Zusammenhang alsVirtuose der Selbstdisziplin bezeichnet. Je mehr verschiedenartige Dinge Leute praktizieren, desto mittelmäßiger wird ihr Erfolg in den einzelnen Bereichen werden.

 

Anne-Sophie Mutter über Herbert von Karajan