Waldhaus und
Zauberspiegel: Ausführliche Version mit
Anmerkungen. Von Manfred
Vogt-Hillmann, Kapitel: Literarische
Mittel in der Hypnotherapie
Wachstum und
Identitätsbildung bei einem 16-jährigen Mädchen
Aus: Neugierig aufs
Grosswerden. Praxis der Hypnotherapie mit Kindern und Jugendlichen, Karl Holtz,
Siegfried Mrochen, Peter Nemetschek, Bernhard Trenkle
ISBN 3-89670-148-7
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Induktion
Therapeut:
Ja? Und vielleicht mit beiden Beinen auf dem Fußboden . .. und kannst dich konzentrieren, worauf du das
letzte Mal geguckt hast. Und dich daran erinnern, wo du da gesessen hast, denk
daran, wie du dich auf deinen Atem konzentriert hast, wie die Augenlider schwer
wurden ... und kannst, wenn du möchtest, die Augen offen lassen ... du kannst
sie auch zugehen lassen ... wie du das möchtest. So ist es vielleicht auch ganz
angenehm, einfach mal die Augen schließen und dich auf deinen Atem
konzentrieren und wie du spürst, wie deine beiden Füße den Boden berühren ...
wie du ganz sicher in diesem Stuhl sitzt, dein Rücken die Lehne berührt und die
Arme die Armlehnen berühren. Ganz gemütlich für dich …
Referenz und Ratifizierung der bisherigen Hypnotherapie
und kannst du dich daran erinnern, wie du dir beim
letzten Mal ganz verschiedene Sachen vorgestellt hast mit diesen bunten Zahlen
(kleine Fingerbewegungen)? Die Finger, die erinnern sich sofort. Die wissen das
gut. Der Körper hat so ein gutes Gedächtnis. Da braucht man sich gar nicht drum
zu kümmern ... mit seinen Gedanken …der Körper weiß ganz gut, wie das so war
und wie das sein wird
Suggestionen zur Körpersensibilisierung und Hinweis auf autonome
Körperprozesse und unbewusstes Lernen
weil, der Körper ist auf seine ganz eigene Art schlau und
weiß ganz genau, wann was gut ist und wann es Zeit ist, etwas zu tun, so z. B.
weiß dein Körper, wann es Zeit ist, Nahrung aufzunehmen ... wenn man Hunger
hat, braucht man sich gar nicht drum zu kümmern als Mensch ... irgendwann kommt
ganz automatisch dieses Gefühl vom Körper, das dir sagt, jetzt ist es mal
wieder Zeit, etwas zu essen. Und der Körper, der sorgt für dich, dass du genug
Luft bekommst, indem er dich einfach atmen lässt. Da brauchst du dich auch gar
nicht darum zu kümmern, das geht ganz automatisch. Und der Körper gibt dir ein
gutes Gefühl, wenn du dich auf dich konzentrierst, auf deinen Atem, auf deinen
Körper, auf die Füße und die Beine, die Arme, das Becken, den Bauch, die Brust
und auf die Schultern, auf deinen Hals und deinen Kopf, überall gibt dir dein
Körper ein gutes Gefühl, da kann man sich ganz sicher drin fühlen, ganz
geborgen, in der weichen Haut, in deinem eigenen Zuhause
Einführung eines sicheren Ortes in Verbindung mit Bewertung der bisherigen
Therapie
und das geht so automatisch, und du kannst dich daran
erinnern, wie du beim letzten Mal vor diesem großen Haus gestanden hast in
deiner Vorstellung und diese große Zahl da war, die irgendwie auch so ein
bisschen automatisch so auf einmal erschienen war ... in einer ganz bestimmten
Farbe und einer ganz bestimmten Form und Größe ... und wie du die angeschaut
und berührt hast. Und du erinnerst dich an frühere Zahlen, wie die begonnen
haben, sich zu verändern, wie die irgendwie anders geworden sind ... auch weißt
du noch ganz genau, welche Zahlen das waren ... genauso gut wie dein Körper
weiß, wie es war, als er noch viel kleiner war, als er noch das Zuhause von der
kleinen Katja war
Personifizierung des Körpers und stärkende Suggestionen
und wie der Körper gemerkt hat, dass die Katja größer
geworden ist, innerlich ... und sie hat viele Wünsche, sie hat alles in sich,
und sie hat ein bisschen Platz gebraucht da drinnen, und da ist der Körper ganz
gut gewachsen und hat ihr Platz gemacht und hat sie stark gemacht und groß
gemacht ganz in ihrem eigenen Körpertempo ... nicht zu schnell, damit sie nicht
erschrickt, aber auch nicht zu langsam, so dass sie doch schließlich jetzt
einen ganz gut entwickelten Körper einer gesunden Frau hat, wo alles gut funktioniert
... und so wird er dir auch weiterhin diese Kraft geben und diese Stärke und
diesen Raum, in dem du dich ausbreiten kannst, wo du ganz allein zu Hause bist,
mit all deinen Wünschen und Freuden, mit all deinem Ärger und auch deiner Wut
und manchmal Traurigkeit und manchmal großen Glück, da ist genügend Platz
Würdigen erreichter
Entwicklungsschritte
und so wird der Körper auch weiterhin wachsen, aber ganz
in seinem Tempo, so dass du nicht erschrickst, und einem Teil deines Körpers,
der dich jetzt die Regel bekommen lassen hat, dem kannst du gut vertrauen, auch
wenn du lange auf ihn gewartet hast und dich oft gefragt hast: Wo bist du
eigentlich, wo bist du eigentlich ... und dabei bist du es doch selbst, Katja
... und weil du so gut warten konntest, hat auch dieser Teil gesagt, jetzt ist
es so weit, jetzt bin da, und du kannst mich haben mit all der Freude und
manchmal auch dem bisschen Generve, den das so mit sich bringt ... und jetzt
bist du noch mehr so wie alle anderen Mädchen und wie alle anderen Frauen und
wie deine Schwester und wie deine Mutter geworden
Zuversicht streuen
und da kannst du deinem Körper gut vertrauen, der hat dich nicht hängen lassen,
nicht im Stich gelassen, der hat nur seine Zeit gebraucht, die ein bisschen
anders war als bei den anderen Mädchen oder bei deiner Schwester …
weil, das ging in seinem Tempo, und du kannst ihm gut vertrauen, dass er dich
auch weiterwachsen lässt und weiterwachsen wird in seinem Tempo. Jedes Mal ein
paar Millimeter, vielleicht erst mal nur einen Millimeter, weil, wenn man so
alt ist, dann merkt man das Wachsen ganz, ganz anders, als man das gemerkt hat,
als man damals fünf Jahre alt war. Da haben einem manchmal ein bisschen die
Knochen wehgetan beim Wachsen, komisch war das, und keiner wusste, wo das
herkommt. Und alle haben dich beruhigt und haben gesagt das ist ein gutes
Zeichen für Wachsen. Wenn man älter wird, wird auch das Wachsen ein anderes
Wachsen. Das geht einfach so am Tag und in der Nacht, und da gibt es was zu
spüren, und manchmal kann man sich einfach überraschen lassen, dass man wieder
einen halben Zentimeter gewachsen ist, das hat man vielleicht selbst noch gar
nicht gemerkt, aber vielleicht doch oder die Freundinnen, die können das schon
irgendwie sehen, dass sich die Dinge irgendwie verändern ... und diese
Veränderungen, die kannst du manchmal gar nicht so richtig bemerken, auf einmal
sind sie da ... so wie vielleicht über Nacht auf einmal diese Regel da war, auf
die du so lange gewartet hast, und dann war sie da ... und so wird es auch
sein, dass deine Grösse Millimeter für Millimeter genauso da sein wird, so wie
die Regel gekommen ist, und du kannst da gut drauf warten, und du kannst dich
erinnern an diese Zahlen vom letzten Mal, und du weisst noch, was du genau
gesehen hast beim letzten Mal …vielleicht ist es aber auch schon ganz weit weg
es ist schon ein bisschen länger her ... vielleicht fragst du dich auch: Soll
ich jetzt sprechen, jetzt bin ich doch ganz bei mir, ganz für mich in meinem
Körper zu Hause und vielleicht brauchst du auch gar nicht sprechen
Aufsuchen des sicheren Ortes, an dem Veränderungen stattfinden können
sondern gehst gleich auf dem Weg zu dir selbst ein paar
Schritte an einem sonnigen Tag irgendwo in der Gegend durch eine schöne
Landschaft. Die Vögel zwitschern, die Sonne scheint, irgendwo zwischen Wiesen,
Büschen und Bäumen. Und du bist ganz bei dir in Sicherheit und gehst ein paar
Schritte auf einen kleinen Wald zu mit schönen, grünen Bäumen, saftigen
Blättern, Vogelgezwitscher, und indem du näher kommst, kannst du vielleicht
merken, wie aus dem Schatten des Waldes ein bisschen Kühle entgegenströmt, und
du freust dich schon darauf, aus der grellen Sonne hinaus hinein in den Wald zu
gehen, in den kühlen Schatten. Dort, wo die Dinge irgendwie anders aussehen, wo
so ein anderes Licht ist grüne Bäume und Büsche und auch Holz und Büsche mit
roten Beeren, und dann gehst du einen Schritt weiter und noch einen Schritt und
kommst an eine Weggabelung
Instabilität und fragende Haltung als Voraussetzung für Veränderung und
Entscheidungsbereitschaft
einstreuen
und da sind gar keine Schilder, und du fragst dich vielleicht, wo soll ich
jetzt langgehen? Nach links? Oder nach rechts? Und wie du noch überlegst, hast
du vielleicht gemerkt, dass dein Fuss schon die erste Richtung angibt mit einem
ersten Schritt, und du drehst dich und nimmst einen der Wege und weisst
eigentlich nicht so recht, warum, du lässt es einfach geschehen und gehst
Schritt für Schritt, und du fängst an, dich zu fragen:
Weshalb gehe ich eigentlich in diese Richtung? Warum gehe ich nicht den anderen
Weg? Was könnte ich auf dem anderen Weg versäumen? Was erwartet mich auf diesem
Weg?
Stabilität einführen, um veränderungsrelevante Instabilität auf einer
tieferen Ebene zu
ermöglichen
du fühlst dich
ganz sicher und kräftig bei dir zu Hause in deinem starken Körper und gehst
Schritt für Schritt weiter… du hast dich entschieden, diesen Weg zu gehen, und
kommst an eine Lichtung dort steht ein ganz seltsames kleines Häuschen du
wunderst dich darüber, wie in so einem Wald ein Häuschen stehen kann, wer soll
das dahin gestellt haben und wer hat es gebaut, oder lebt da sogar vielleicht
jemand deine Schritte werden langsamer und langsamer und du stellst dir all
diese Fragen. Aber es gibt diesen einen Teil in dir, der so neugierig ist, und
er sagt dir, dass du einfach weitergehen kannst, und dir kann nichts passieren
... du bist in deinem sicheren Körper, bei dir zu Hause ... und du gehst auf
das Häuschen zu, und du wunderst dich, und du hörst gar nichts, und es sieht
auch nicht so aus, als ob da jemand drin wohnt .. das kann doch gar nicht sein,
in diesem Wald, dass dort jemand wohnt, so ganz allein ... und du merkst, dass
die Tür angelehnt ist, und du lugst ein bisschen hinein, und du fühlst dich
ganz sicher, da kann gar nichts sein, machst die Tür auf mit einem leisen
Knarren, und in dem Haus siehst du die Sonnenstrahlen, die durchs Fenster
reinfallen, und du musst ein bisschen lachen ... es ist dein eigenes gutes
altes Haus .. weil, das ist ein gemütliches kleines Haus, wie ein Puppenhaus
mit schönen Möbeln drin und ganz gemütlich eingerichtet, und es riecht so
lecker nach Kuchen, und du freust dich so, dass dieser Teil, der dich so
neugierig sein lässt, da reingeführt hat, und du freust dich so über deinen
Mut, und du freust dich so über deinen Körper, der dir diesen Mut gegeben hat,
und du guckst dich ganz gemütlich um, denkst, was für ein schönes kleines Haus,
und entdeckst in der einen Ecke neben so einem alten Kleiderschrank einen ganz
seltsamen Spiegel mit so einem goldenen dicken Rand drum herum ... und du gehst
dahin und guckst in den Spiegel, aber es ist gar kein Spiegelbild darin -
was für ein seltsamer Spiegel …
Du bist ein bisschen überrascht, ein bisschen erschrocken. Ist das vielleicht
doch ein besonders Haus, habe ich mich getäuscht? Und du trittst erschrocken
einen Schritt zurück, aber du bist ja so neugierig und guckst dir das noch mal
genau an, und dann entdeckst du, wie unten an diesem goldenen Rand steht: Das
ist ein “Wünsch-dir-was Spiegel“. Und du fragst dich, was soll das heissen? Und
du gehst wieder davor und siehst noch nichts. Und du fragst dich, was heisst
denn ein “Wünsch-dir-was-Spiegel“? Was soll das sein? Kann ich mir was
wünschen?
Lernen in Hypnose - Assoziation und
Dissoziation
und da sagst du einfach lachend in den Spiegel hinein:
“Ich wünsche mir, mich zu sehen, natürlich.“ Und so was - da ist plötzlich ein
Spiegelbild da von der Katja, wie sie vor dem Spiegel steht ... sie ist schon
ein bisschen gewachsen, schon eine richtige kleine Frau, die ihre
Lieblingsklamotten anhat, wie immer, wenn sie solche Spaziergänge macht ... und
da fällt dir ein, dass du dir ja manchmal wünschst, noch ein bisschen anders
auszusehen ... ein bisschen grösser, und sagst dir, jetzt wünsche ich mir mal,
wie ich aussehe, wenn ich vielleicht fünf Zentimeter gewachsen bin ... und du
guckst in den Spiegel, und das Spiegelbild beginnt, sich ein bisschen zu
verändern ... es wird ein bisschen grösser, Millimeter für Millimeter, die
Hände werden ein bisschen grösser - ein paar Millimeter, ein paar Millimeter an
den Beinen, ein paar Millimeter im Becken, ein paar Millimeter im Rücken, ein
paar Millimeter im Bauch, in der Brust und in den Schultern und im Kopf ... und
dann kannst du das ganz deutlich erkennen ... du bist ein bisschen grösser
geworden ... und wie du reinguckst in den Spiegel und das siehst, da siehst du,
wie die Kleider in dem Spiegel ein bisschen kürzer geworden sind und kleiner
und enger, und dir fällt ein, dass es ja auch neue Kleider gibt, und da
wünschst du dir ein paar neue Sachen ... und auf einmal, ganz überraschend,
steht da in dem Spiegel eine Katja mit irgendwie einer anderen Hose und anderen
Schuhen, Jacke oder Pullover, was auch immer die gerade anhat, oder ein Kleid,
irgendwie hat die andere Sachen an .. und du stehst vor dem Spiegel und
überlegst, ob das die Sachen sind, die du dir wünschen sollst?! Und wünschst
dir einfach deine Lieblingsklamotten eine Nummer grösser und, “schwupp“, ist es
geschehen.
Und wie du dich so anschaust, merkst du auf einmal, so wie du dich im
Spiegel siehst und dich dir ein bisschen grösser vorstellst, dass diese Grösse
auf einmal rausgekommen ist aus dem Spiegel ... du merkst, dass du deine Hosen,
die du anhattest, gar nicht mehr umkrempeln brauchst, die haben Hochwasser ...
und du stellst dir das vor und bist ganz erstaunt darüber, dass du ein bisschen
gewachsen ... während du dir vorstellst, wie du aussiehst, wenn du grösser bist
... und du fängst an, ein bisschen zu überlegen - kann das denn sein, dass ich
mir das einfach nur vorstelle, und dann wird das Wirklichkeit?
Das ist eigenartig, du trittst einen Schritt zurück, trittst wieder einen
Schritt vor, und die gleiche Katja ist da drin ein bisschen gewachsen, und auf
einmal erschrickst du ganz doll, das Spiegelbild spricht mit dir und beruhigt
dich und sagt: “Katja, ich bin nur ‚deine Vorstellung, so wie du gerne sein
möchtest, und wenn du fest an dich glaubst, dann kannst du das schaffen, und es
ist so ähnlich wie wenn du jetzt glaubst und dir vorstellst, du würdest eine
schöne Portion Pommes frites mit Ketchup essen oder eine leckere Pizza, und da
kannst du mal erleben, wie das ist, wenn du dir das vorstellst und lange genug
vorstellst, vielleicht noch mit einem Vanilleeis zum Nachtisch, dass du auf
einmal in deinem Körper spürst, dass das, was du dir vorstellst, dein Körper
merkt, wie dein Körper dir auf einmal Appetit macht auf solche Sachen, so als
hättest du richtig ein bisschen Hunger, und die Katja vor dem Spiegel ist ein
bisschen irritiert von dieser Idee von ihrem Spiegelbild, aber das Spiegelbild
sagt nur: “Du brauchst nur lange genug an dich zu glauben, dann werde ich auch
Wirklichkeit genauso wie damals, als du so verzweifelt warst eine Zeit lang,
als du dich gefragt hattest, warum ausgerechnet du keine Regel bekommst.
Lernen in Hypnose - von
der visuellen Dissoziation zur kinästhetischen Assoziation
und plötzlich
geschieht es, was ganz Seltsames ... nachdem du dein Spiegelbild nun gesehen und
gehört hast, fragt es dich, ob du nicht in den Spiegel hereinkommen möchtest
... einfach so - einen Schritt über den Rand und, “schwupp“, bist du im
Spiegel, ja du bist in deinem Spiegelbild ... aus dem Spiegel siehst du auf
einmal das Zimmer, aus dem du hineingestiegen bist, durch die Tür siehst du
dort hinten das Kinderzimmer, mit den alten bekannten Sachen ... und dann
merkst du auf einmal, dass all diese Sachen auf einmal ein klein wenig, einen
kleinen Tick kleiner sind, als du sie eben noch um dich hattest ... du wunderst
dich, und du fragst dich, wie kann das sein ... und wie du darüber nachzudenken
beginnst, spürst du den Platz, den du auf einmal hast ... du bist im Körper
deines Spiegelbildes und hast plötzlich Platz und streckst dich und atmest tief
und merkst jetzt, wie du mit deinem Kopf die Kopfdecke berührst, wie du mit
deinen ausgestreckten Armen und Händen die schützenden Grenzen dieses etwas
grösser gewachsenen Körpers spüren kannst und wie du dich dabei sicher fühlen
kannst. Genauso geht es dir mit deinen Beinen und Füssen, deinem Becken, deinem
Bauch, deinem Brustraum, deinem Gesicht überall so wunderbarer, bequemer Platz
in einem sicheren Körper, der ein bisschen gewachsen ist, ganz so in deinem
Tempo, wie du es dir wünschst. Und wie du so darin verweilst und dich
entdeckst, hast du schon gemerkt, wie du dich daran gewöhnst ... die Welt etwas
grösser zu erleben ... und nach dem Angewöhnen hat es vielleicht auch schon
begonnen, ein wenig Spass zu machen, dich etwas grösser, reifer und erwachsener
zu fühlen ... ganz in deinem Tempo ...
(zwei Minuten Schweigen)
Transfer und Stärkung der
Zuversicht
und wenn du dies für heute genug ausprobiert, erforscht
und genossen hast, verabschiedest du dich aus der Innenwelt des inneren
Spiegels und trittst behutsam wieder hinaus in das Zimmer, drehst dich noch
einmal herum und bist erneut verwundert ... das Spiegelbild ist weg, der
Spiegel ist leer ... es erscheint dir, als hast du es mit hinausgenommen in
deine Welt ... und du willst und wirst es in deinem Leben ausserhalb des Hauses
ausprobieren und erleben …
Integrieren von
Ambivalenzen und die Zukunft zur Vergangenheit machen
Nach diesem sagenhaften Erlebnis bist du immer noch ein
wenig verwundert, merkst aber, wie du erst recht den Glauben an dich gewonnen
hast ... und das hat den Körper überzeugt, dass du stark bist und mutig, voller
Hoffnung ... und da kannst du ganz fest dran glauben, und die Katja vor dem
Spiegel überlegt noch eine Weile - was hat mir da mein Spiegelbild erzählt, das
ist ja ganz was Komisches, doch sie kommt ein bisschen in Bewegung, sie denkt
noch darüber nach, Pommes frites, Pizza, Vanilleeis, in dem Moment hat sie die
Gedanken an den Spiegel schon fast vergessen, auf einmal kriegt sie sogar
richtig ein bisschen Hunger. Sie wendet sich vom Spiegel ab, dreht sich um und
geht durch das kleine Häuschen, vorbei an den Möbeln, aus dem Kleiderschrank
leuchten schöne Klamotten, vorbei an dem Küchenschrank, wo es so lecker
herausriecht.
Sie verlässt das Haus, schliesst die Tür hinter sich und steht wieder an ihrem
Ort, geht zurück zur Weggabelung, wo sie auf den anderen Weg neugierig wird,
den sie bisher noch nicht kennt während sie entscheidet, diesen Weg noch ein
Stück zu gehen, nur bis zur nächsten Biegung ... sie ist jetzt so neugierig,
will doch mal wissen, was sie dort erwartet, wenn sie einen anderen Weg geht
... dann steht sie auf einmal an der Biegung und sieht das, was sie wohl schon
erwartet hat der Weg führt ein Stück geradeaus, und dann kommt die nächste
Biegung, und sie geht dorthin, und auch dort das Gleiche: Sie sieht einen Weg
bis zur nächsten Biegung, sie spürt den Impuls, auch noch dorthin zu gehen ...
sie hört eine innere Stimme:
“Weiter, weiter, doch sie hat gelernt sie ahnt, was sie dort erwartet, und sagt
sich schliesslich: “Nein, weiter gehe ich nicht...“ aber sie ist doch auch
neugierig und will vielleicht doch noch weitergehen, doch sie sagt sich:
“Nein“, dreht sich herum und springt zurück und erinnert sich dann an ein altes
Kinderspiel, bei dem sie rückwärts läuft, um vorwärts zu kommen
Rückführung
und Bestätigung des emotionalen Erlebens in Hypnose
und dann dreht sie sich wieder um, kommt an der Weggabelung vorbei und
läuft zum Rand des Waldes und spürt, wie sie ziemlich glücklich ist, so wie sie
läuft, sich gut fühlt und vorankommt. Wie sie weitergeht, hört sie ein Rascheln
und erschrickt. Im Gras erschrickt ein kleines Kaninchen und beginnt
fortzulaufen, und Katja lacht und freut sieh darüber, bis sie an einen ...
ihren ... sicheren Ort kommt, an die Sonne,
von wo aus sie hierher zurückkommen
kann, in ihrem Tempo –
gleich, wenn ich beginne, rückwärts von 5 bis 1 zu zählen, bei 3 werden
sich die Augen langsam öffnen, bei 2 nimmst du noch einen tiefen Atemzug, und
bei 1 spürst du, wie du dich rekeln oder aufstehen willst, um dann ganz wach
und erfrischt hierher zurückzukommen
Zukunftsorientierung an
posthypnotischer Suggestion
und dann wirst du wieder hier sein und vielleicht etwas berichten wollen
von dem, was du erlebt hast, vielleicht auch nicht, vielleicht nimmst du all
das mit in deine Träume und hast dazu deine Träume und magst vielleicht später
davon berichten, vielleicht auch nicht, aber du weisst und dein Körper weiss,
was du kannst und was du weiterhin in deinem Tempo tun wirst. Jetzt zähle ich von 5 ... zu 4 ... zu 3 ...
die Augen beginnen, sich zu öffnen ... zu 2 ... zu 1, und du bist wieder hier,
in diesem Raum…
Nachdem Katja “zurückgekehrt“ war, sagte sie, dass sie “die Sachen“ gut erleben
konnte, jedoch nichts weiter berichten wolle.
Therepieabschluss
In der neunten Sitzung hatte sich das eingesetzte Wachstum bestätigt. In einer
abschliessenden hypnotischen Sequenz wiederholten wir die Szene m dem Haus mit
Spiegel, um die Erfahrungen zu festigen. Zur zehnten und letzten Sitzung kam
auch die Mutter mit. Wir vereinbarten das Therapieende und besprachen, ein
mögliches Reifungsritual zu begehen, das Mutter und Tochter erlauben würde, die
begonnene Menstruation und das wieder eingetretene Körperwachstum als wichtigen
Schritt in ihrer beider Leben zu feiern. Die Idee des Feierns nahmen beide
interessiert auf; und wir drei beendeten die Therapie.
SCHLUSSBEMERKUNG
Die Darstellung eines lösungsonentierten hypnotherapeutischen Vorgehens zeigt,
wie mit wenigen therapeutischen Interventionen effektiv Ergebnisse erzielt
werden können. Für diejenigen literarisch interessierten Leser /innen, die Sofies
Welt bereits kennen, gab es vielleicht nachzuvollziehende Parallelen, für
die anderen wurde vielleicht Neugierde auf das Buch von Gaarder geweckt.
Unabhängig davon hat mich die Arbeit mit Katja daran erinnert, dass wir als
Therapeuten und Therapeutinnen gut beraten sind, uns neben der vielen
Fachliteratur auch der Poesie und Belletristik zu widmen, in der viel Wissen
über das Leben, Problemlösen und Erfinden von Lösungen geschrieben steht. Und
dass wir in der Arbeit uns neben unserem professionell geleiteten Vorgehen auch
erlauben, intuitiven Impulsen zu folgen - wie
dem spontanen Sich-erneuern an literarische Erfahrungen und dem Vergleichen mit
ihnen und sie zu schöpferischen Interventionen zu nutzen. In Ergänzung des
Erickson‘schen Prinzips der Utilisation der bewussten und unbewussten Impulse
der Klienten schlage ich folgendes Prinzip zum Umgang mit der eigenen Intuition
von Therapeuten und Therapeutinnen vor: Trau ihr nicht immer, aber immer öfter.