Spiralen ("Schneckenlinien") bei Albrecht Dürer
In seiner aus vier Büchern bestehenden
"Underweysung der messung mit dem zirckel un richtscheyt..." gibt
Albrecht Dürer im ersten Büchlein u. a. drei verschiedene Konstruktionen für
(von ihm so genannte) Schneckenlinien an. Dabei handelt es sich nach
heutiger Bezeichnungsweise um Spiralen. Unter diesen kommt auch eine Archimedische
Spirale vor. Weiterhin beschreibt er auch die Konstruktion einer räumlichen
Schraubenlinie
Nun will ich ein andre schnecken lini/
und einer andern weiß zihen/ die in vil dingen zu brauchen und fast nützlich
ist/ wirdet auch vil darauß erlernt/ sie ist auch an der vorigen lini stat zu
brauchen/ iren anfang nym ich auß dem mittel punckten/ von dan geet ir leng in
die weyten/ so fern man will/ doch bleybt ir felt/ zwischen der uberlegung der
linie alweg gleich weit darzwischen/ allein im ersten umlauff nit/ aber dise
schneckenlini/ mach ich also ich setz ein punckten .a und reiß ein zirkelris
darum so weit ich die schnecken lini will lauffen lassen/ Und teyl dise runde
lini mit 12. punckten in .12. gleiche felt/ darnach reiß ich aus dem Centro .a.
ein gerade lini ubersich byß an den runden ryß der ende sei .b. in denselben
punckten setz ich .12. unnd heb die teylung der punckten des runden ryß an zu
zelen gegen der lincken hand /1/2/3/etc byß herum auff die 12. Aber die gerad
lini .a.b. teyl ich mit .23. punckten in .24. gleiche felt und heb am .a. an zu
zellen /1/2/3/etc Darnach nym ich ein gerad richtscheyt und stich die punckten
der itzt gemelten lini .a.b. darauf und bezeychens mit iren zyffern/ und leg
das bey der myndern zal mit dem ein ort .a. auff den Centrum .a. und/ mit dem
ort .b. auff den zirckelryß auff den punckten .i. unnd wo dann das richtscheyt
mit seim punckten .i. hyn zeyge da setz ich auch ein punckten .i. Also far ich
zu ring herumb zu allen zalen im zirckelryß und laß allweg das richtscheyt im
Centro .a. stet bleiben/ so werden die punckten des richtscheyt alle punckte
der schneckenlini antzeygen durch die tzal wo man sie hyn setzen soll/ Darumb
merck eben auff die zal so kanst du nit irre werden/ Aber so die lini zwyfach
uber einander laufft/ und im zirckelriß nun /12/ stett/ aber im umlauffeten
richtscheyt .23. so hab acht das die zal des richtscheytz ordentlich farge/
dann zu der zal .i. kumbt .13. auff /2/14/3/15/4/16/5/17/6/18/7/19/8/20/9/21/10/22/11/23/
man mag auch dise lini vilfeltig ubereinander zihen/ wer seyn bedarff/ der mehr
die zal im richtscheyt mit den punckten/ und laß die punckten im zirckelryß
ungeendert/ dise schnecken lini ist hiebey also auff geryssen mit allen zyffern
Dürer beginnt also mit
einem großen Kreis um ein Zentrum a. Diesen Kreis teilt er in 12 gleiche Teile
(was mit Zirkel und Lineal exakt konstruierbar ist). Den Radius von a zum
"obersten" Teilungspunkt, den er b und gleichzeitig 12 nennt,
zeichnet er ein. Die weiteren Teilungspunkte des Kreises numeriert er entgegen
dem Uhrzeigersinn von 1 bis 11. Den Radius von a nach b teilt er in 24 gleiche
Teile und benennt die Teilungspunkte von a ausgehend mit den Zahlen von 1 bis
23. Diese Teilung überträgt er nun auf ein Lineal und trägt nun jeweils von a
aus in Richtung der Teilpunkte 1 bis 12 des Kreises Strahlen der Längen 1 bis
12 (auf dem Lineal) ab. Anschließend trägt er in der gleichen Weise wiederum in
Richtung der Teilpunkte 1 bis 12 Strahlen der Längen 13 bis 23 ab. Die
Endpunkte der Strahlen numeriert er von 1 bis 23. Zusammen mit a und b bilden
sie die Punkte der konstruierten "Schneckenlinie". Diese Konstruktion
ist in der unten stehenden Zeichnung zu sehen. Dürer weist noch darauf hin, daß
man diese Spirale nach außen beliebig verlängern kann, indem man weitere
Teilstücke der Strecke ab auf dem Lineal einzeichnet und weitere Strahlen in
Richtung der Teilpunkte des Kreises abträgt. Da die Länge der abgetragenen
Halbstrahlen proportional ist zum Winkel, den der Halbstrahl mit der Strecke ab
bildet, genügt die Kurve der Gleichung r = c*t , d. h. es handelt sich um eine
Archimedische Spirale. Wählt man den Radius des Ausgangskreises, also die Länge
der Strecke ab als 1, so wird r = 1 für t = 4*pi (nach zwei vollen Umläufen).
Daher ist c = 1/(4*pi).