Narziss (Νάρκισσος; Nárkissos, griechische Transliteration, oder Narcissus, lat. Transliteration) ist in der griechischen Mythologie der schöne Sohn des Flussgottes Kephisos und der Leiriope (Hyginus fab. 271 und Ovid met.3,343).

Der Sage nach wies der von Jünglingen und Mädchen Umworbene auch die Liebe der Nymphe Echo zurück. Dafür wurde er von Nemesis, nach anderen Quellen durch Aphrodite, dergestalt bestraft, dass er in unstillbare Liebe zu seinem eigenen im Wasser widergespiegelten Abbild verfiel. Damit erfüllte sich die Prophetie des Sehers Teiresias, wonach er ein langes Leben nur dann haben werde, wenn er sich nicht selbst kennenlerne.

Eines Tages setzte er sich an den See, um sich seines Spiegelbildes zu erfreuen, woraufhin durch göttliche Fügung ein Blatt ins Wasser fiel und so durch die erzeugten Wellen sein Spiegelbild trübte – schockiert von der vermeintlichen Erkenntnis, er sei hässlich, starb er. Nach seinem Tode wurde er in eine Narzisse verwandelt (Pausanias 9.31,7).

Eine andere Version erzählt folgendes: Narziss verliebt sich in sein Spiegelbild, nicht erkennend, dass es sein eigenes ist, will sich mit diesem Spiegelbild vereinigen und ertrinkt bei dem Versuch.

Narziss war schon in der Antike ein beliebter Gegenstand der bildenden Kunst. So finden sich Darstellungen des Narzissus auf geschnittenen Steinen, späten Reliefs und besonders auf Sarkophagen. Am bekanntesten sind die etwa 50 Wandgemälde mit Darstellungen des Narziss, die in Pompeji gefunden wurden. Sie zeigen ihn in verschiedenen Variationen als Jäger am Wasser sitzend und sein Spiegelbild (nicht immer mit dargestellt) betrachtend.

An der Wende zum 20. Jahrhundert wird Narziss v.a. bei den französischen Schriftstellern André Gide (Traktat vom Narziss) und Paul Valéry (u.a. „Narziss spricht“) zur Personifikation einer rein selbstbezüglichen Dichtung, wie sie in der Moderne oft intendiert wird.